Interkulturelle Kompetenz – was sie (nicht) bedeutet und warum wir heute anders über Vielfalt sprechen wollen

Der Begriff „interkulturelle Kompetenz“ taucht in Unternehmen, Stellenausschreibungen und Weiterbildungen regelmäßig auf – meist als Schlüsselkompetenz für die Arbeit in internationalen oder diversen Teams.

Doch was bedeutet er genau – und wo liegen die Grenzen des Konzepts? 

 

Klassische Definition „interkulturelle Kompetenz“ – mit Fallstricken 

Traditionell wird interkulturelle Kompetenz als Fähigkeit verstanden, in kulturell vielfältigen Situationen angemessen zu handeln – basierend auf Kommunikationsfähigkeit, Offenheit und Empathie. Oft geht es darum, Missverständnisse zu vermeiden und „Fettnäpfchen“ zu umgehen. Doch die dahinterstehende Vorstellung von „Kultur“ als feste, geografisch zuordenbare Größe ist problematisch: Sie verführt dazu, Menschen auf nationale oder kulturelle Zuschreibungen zu reduzieren – was schnell zu Stereotypen führt. 

Wer in einem Training lernt, wie „Menschen aus Land A ticken“, verpasst die Chance auf eine tiefergehende Auseinandersetzung mit sozialer Vielfalt, Machtverhältnissen oder gesellschaftlichen Normen. Stattdessen entsteht ein statisches Bild von Kultur, das der Realität nicht gerecht wird – mit negativen Folgen: Vorurteile verfestigen sich, gleichberechtigte Begegnung wird erschwert, und echte Offenheit bleibt aus. 

Kultur ist dynamisch 

Kulturen sind keine klar abgegrenzten Blöcke – sie sind dynamisch, vielfältig und in ständiger Veränderung. Menschen haben mehrere Zugehörigkeiten, sprechen verschiedene Sprachen, bewegen sich zwischen sozialen Räumen. Kommunikation und Verhalten lassen sich nicht pauschal einer Nation oder „Kultur“ zuordnen. Wer das übersieht, verliert den Blick für die Komplexität individueller Lebenswelten. 

Daher fragen wir in der Beratung lieber:

  • Welche sozialen Erfahrungen prägen den Umgang miteinander?

  • Wo bestehen strukturelle Hürden?

  • Wie schaffen wir eine Unternehmenskultur, in der sich alle willkommen fühlen? 

Von Verhaltensregeln zur Haltung 

Der klassische Begriff der interkulturellen Kompetenz legt oft den Fokus auf das richtige Verhalten in bestimmten Situationen – z. B. wie man sich in einem bestimmten Land begrüßt. Doch das greift zu kurz. Gute Kommunikation ist keine Checkliste, sondern erfordert Empathie, Aufmerksamkeit und Selbstreflexion. Sie bedeutet, Unsicherheiten auszuhalten, zuzuhören und Verantwortung zu übernehmen. 

Statt auf festgelegte Verhaltensnormen zu setzen, sprechen wir daher von einer inklusiven Grundhaltung: aktiv zuhören, Fehler zulassen, Diskriminierung benennen. Dabei geht es um psychologische Sicherheit im Team, um eine offene und achtsame Zusammenarbeit – und nicht um bloße Vermeidung von „Fettnäpfchen“. 

Inklusive Kommunikation als Schlüssel 

Wer Vielfalt wirklich wertschätzt, braucht Kompetenzen, die über die klassische interkulturelle Kompetenz hinausgehen. Es geht um inklusive Kommunikation:

  • Wie wird im Team gesprochen?

  • Wie wird Kritik geäußert?

  • Wie werden Entscheidungen getroffen? 

Wichtige Fähigkeiten sind hier: Perspektivübernahme, das Erkennen von Machtasymmetrien, das Zulassen von Unsicherheiten. Kommunikation wird so zum Werkzeug für Gerechtigkeit – und Führung zu einem sozialen Prozess statt zu einer neutralen Instanz. 

Was bedeutet das für Unternehmen? 

Viele Unternehmen schreiben sich interkulturelle Kompetenz auf die Fahne – gerade in internationalen Kontexten. Doch oft sind andere Kompetenzen relevanter: das Verständnis für ungleiche Ausgangsbedingungen, für implizite Machtverhältnisse und für die Realität marginalisierter Gruppen. 

Ein reflektiertes Verständnis interkultureller Kompetenz kann hilfreich sein – wenn es sich nicht auf „Länderwissen“ beschränkt, sondern zur Selbstreflexion anregt:

  • Wer bin ich im Kontext dieser Begegnung?

  • Welche Machtposition nehme ich ein?

  • Welche Erfahrungen bringe ich mit? 

Unsere Beratung arbeitet daher mit diskriminierungssensiblen und systemischen Perspektiven. Gemeinsam mit Teams schauen wir auf konkrete Alltagssituationen:

  • Wer trifft Entscheidungen?

  • Wer wird gehört?

  • Wie wird mit Kritik umgegangen?

  • Welche Erfahrungen machen marginalisierte Kolleg*innen? 

 

Yallah! Consulting stärkt Vielfalt, Inklusion & Zugehörigkeit – durch Beratung, Mediation und Trainings für zukunftsfähige Organisationen.

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Personalauswahl als Praxisbeispiel 

Ein besonders deutliches Beispiel ist die Personalauswahl: Hier treffen persönliche Vorannahmen, institutionelle Routinen und gesellschaftliche Machtverhältnisse unmittelbar aufeinander. Trotz guter Absichten bleiben viele Teams erstaunlich homogen – was Frust auslöst:

„Wir bemühen uns doch – warum klappt es nicht?“ 

Der Grund liegt selten im Mangel an interkultureller Kompetenz – sondern in unbewussten Vorurteilen und struktureller Diskriminierung. Wer Menschen mit „ausländisch klingenden“ Namen trotz gleicher Qualifikation seltener einlädt, handelt nicht absichtlich unfair – aber die Wirkung bleibt diskriminierend. 

Daher unterstützen wir Unternehmen dabei, diskriminierungssensible Auswahlprozesse zu entwickeln. Eine inklusive Haltung in der Personalauswahl ist nicht nur fair – sie ist auch entscheidend für nachhaltigen Erfolg. 

Fazit: Von interkultureller Kompetenz zur inklusiven Praxis 

Ja, interkulturelle Kompetenz ist ein bekanntes Schlagwort – und oft Ausdruck des Wunsches, sich professionell in diversen Kontexten zu bewegen. Doch dieser Wunsch lässt sich besser erfüllen, wenn wir anders über Vielfalt sprechen: 

  • Statt Kultur zu vereinfachen: Vielfalt als komplexe Realität anerkennen. 

  • Statt Unterschiede zu betonen: Gemeinsamkeiten und Verantwortung in den Fokus rücken. 

  • Statt Regeln zu lernen: Eine inklusive Haltung entwickeln. 

Unsere Vision: Ein neues Miteinander in der Arbeitswelt. In unseren Workshops und Coachings geht es nicht um richtiges Verhalten, sondern um echte Beziehung, um reflektierte Kommunikation und um Räume, in denen Vielfalt als Bereicherung erlebt werden kann.

Wer tiefer einsteigen will, findet im Inclusive Leadership Circle den idealen Rahmen für kollegiales Sparring, psychologische Sicherheit und inklusive Führung auf Augenhöhe. 

Fragen zur Selbstreflexion

  • Welche Konzepte zu Vielfalt, Interkulturalität und Diskriminierung sind mir vertraut? 

  • Wie würde ich meine eigene interkulturelle Kompetenz einschätzen – und wie würden andere sie einschätzen? 

  • Welche kulturellen Zuschreibungen trage ich mit mir – und woher stammen sie? 

  • Welche alternativen Erklärungsmuster kann ich entwickeln, die nicht auf Nationalität oder Kultur basieren? 

 

Yallah! Aha-Moment

Wenn Menschen mit ausländischen Namen seltener eingeladen werden, liegt das nicht an fehlender interkultureller Kompetenz – sondern an struktureller Diskriminierung. Offenheit allein reicht nicht. Nur wer Vorannahmen hinterfragt und aktiv an Veränderungen arbeitet, schafft echte Chancengleichheit.

Angebote zu Unconcious Bias sind eine tolle Alternative zu “Interkulturellen Trainings!” 



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